Das alte Backhaus

Es war einmal ein altes Backhaus. Das stand mehr als 200 Jahre im Dorf.
Im Backhaus wurden unzählige Brote, Kuchen und Weihnachtsplätzchen gebacken. Bei großen Hochzeiten kamen früher auch die Hochzeitsbraten in den Backofen.
Die Leute erzählten sich im Backhaus Geschichten aus dem Dorf – und manchmal gab es auch ein Stück warmen, frisch gebackenen Blechkuchen für die Kinder.
Früher durften Hausierer und Leute ohne Wohnung im Winter auf dem Dachboden über dem warmen Backofen übernachten.

Brotbacken macht viel Arbeit. Deshalb kauften immer mehr Leute ihr Brot beim Bäcker oder im Supermarkt. Nur noch wenige Familien backten jede Woche Brot und Kuchen im Backhaus.
Dieses Brot war begehrt.

Mit der Zeit wurde dann der Boden des Backofens brüchig und manchmal setzten sich beim Backen kleine Steinchen unten an das Brot.
Deshalb fragten die Leute die Gemeinde, der das Backhaus gehörte, ob der Boden repariert werden könnte.

In all den Jahren davor hatte der Vorstand der Gemeinde Schäden in den Backhäusern rundum reparieren lassen, damit die Backhäuser weiter genutzt werden konnten.
Nur ein Backhaus war nicht repariert worden und wurde für andere Zwecke genutzt.
Nun aber murrten einige Leute, deren Großeltern und Eltern schon Brot und Kuchen im Backhaus gebacken hatten, dass
4000 Euro für die Reparatur des Backofens ausgegeben werden sollten.
Sie meinten, man brauche das Backhaus nicht mehr, weil es nur noch wenig genutzt würde.

Sie sahen, dass das Backhausbrot sehr begehrt war.
Sie sahen aber nicht, wie viel Arbeit es macht, Brot nach alter Tradition zu backen, so wie es die Bäcker bei uns im Ort tun.
Sie kritisierten den Verdienst der Familien, die noch Brot im Backhaus backten – ohne daran zu denken, wie viel Supermärkte an dem massenweise produzierten, billigen Einheitsteig-Brot verdienen, das dort viele kaufen.
Sie wollten das alte Backhaus stilllegen.
Deshalb erzählten sie im Dorf, dass der Backofen und der Schornstein kaputt sei und für 50.000 Euro repariert werden müsse. Über so viel Geld muss die Gemeindevertretung entscheiden.

Einige Leute, für die das alte Backhaus zum Dorf gehörte,
die den Geruch von frisch gebackenem Brot in der Hauptstraße mögen und die im Backhaus schon immer einmal kleine Dinge einfach so repariert hatten, fanden das nicht richtig.
Sie fragten den Schonsteinfeger, was am Backhaus repariert werden müsse. Der Schonsteinfeger aber meinte, er habe nichts zu beanstanden.

Also müsste nur der Boden des Backofens für 4000 Euro repariert werden, das könnte der Vorstand der Gemeinde entscheiden.

Der Vorstand beschloss dann auch , den Boden des Backofens für 4000 Euro zu reparieren.
Nun aber sagten wichtige Leute, es sei schon jetzt kein Geld mehr für Reparaturen an den Häusern der Gemeinde im Haushalt.
Deshalb müsse ein Nachtrag zum Haushalt gemacht und die 4000 Euro dann von der Gemeindevertretung genehmigt werden…

Das bedeutet, die 4000 Euro werden jetzt
erst im Bauausschuss,
danach zusammen mit dem Nachtragshaushalt in der Gemeindevertretung,
dann nochmal im Haupt- und Finanzausschuss und
dann abschließend in der Gemeindevertretung beraten –
wenn sie es (trotz des Beschlusses des Gemeindevorstands) durch alle Instanzen schaffen...

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